Liebi Alli, Gross und Chli

 

Ich freu mi, gmeinsam mit euch döfe zfiire.

Und ich schetzes, dass es Zämmecho wie hüt möglich isch.(

Und ich dank dr Männerriegi und allne freiwillig Engagierte scho jetzt fürs Ermögliche vom hütigi Alass.

 

Für mi isch die Red e Premiere do z Oltinge. Es isch e bsundere Momänt und es ehrt mi, do, in minere Heimat, e Red zum 1. Auguscht döfe zhalte. Ich find s es Privileg do z Oltinge döfe zwohne.

Ich bi erscht vor 22 Joor do anecho. Damals als Studändtin – mit farbigem Hippiebus.

Wie isch es drzue cho, dass ich mit französische Wurzle müetterlichersits und Bärnerin väterlichersits Oltige als mini Heimat due bezeichne und mi entschiede ha, do izbürgere lo?

Sit vilne Joor präge Mensche us verschiedene Regione, jo gar Natione unser Dorfläbe. Z Oltinge zeigt sich, dass unterschiedlichi Iflüss berichere chönne. Iflüss us anderne Regione vo dr Schwiiz, Iflüss usem Usland. Vielfalt und Diversität mache Oltige us.

Verschiedeni Bruchtümer und Traditione träffe dodrbi ufenand.

Es got drbi ums «Eigeni» und ums «Fremdi» und dodrum, das zu öppis «Gmeinsamem» z mache. Es got um Mensche und um ihre Stolz, es got um Identität und Heimatgfühl.

Das «Mir-Gfühl» entschtot, wenn e Offeheit do isch. E ehrlichi Offeheit und au Authenzität, wie ich se z Oltige sit minere Akunft im Joor 2000 ha döfe erläbe und no hüt erfahr. E Offeheit gegenüber «Fremde». Ich bi damals acho, als Jungi Grüeni.

Ha agfange als Sekundarlehrerin z Gälterchinde, bi denn scho bald in Landroot gwehlt worde und ha i eim vo mine erschte Vorstöss e mehrtägige Vaterschaftsurlaub gforderet. Do heimi es paar druf agsproche und dr Chopf gschüttlet. Hüt heimer e schwizwiti Regelig, wo witer got als die fünf Dääg, woni damals gfordert ha.

Und ich ha immer wieder uf e Stundentakt bi de Postautis ufem Land pocht. Z Oltige isch das alles nid ganz selbstverständlich gsi. Ich ha mi mänge Diskussione im Trübel oder am Oltiger Määrt gschtellt. Vilne Froge, au kritische. Und ich erinnere mich guet und gärn an d Froge vom hüt verstorbene Robi Hans im Volg – und ich ha gmerkt, dass er politisch alles immer nöch mitverfolgt, wo im Landroot lauft und woni mach.

Ich ha es ächts Inträsse gschpürt an mine Idee und mängisch hani au gschpürt, dass die bitz «fremd» drhär chöme. Aber sie wärde reschpektiert und akzeptiert.

Dä diräkti Ustusch schätzi au hüt no sehr. Er findet immer no statt, hüt im Ochse oder im Konsi: es prägt mi und ich lern immer wiedr Neus drzue.

Es isch es Privileg, so dörfe z läbe, amne Ort, wo die Dorfgmeinschaft gläbt wird.

 

Mir si denn mol für zwöi Joor nach Bolivie zoge und si zrugg cho in d Lehmatt. in unsri neui alti Heimat.

Bolivien het mini Wohrnähmig gschärft für die viele Farbe und die viele Schattierige vom Oltiger-Läbe.

Es isch mer bewusst worde, dass das Läbe au do nid Schwarz/Wiss isch, sondern im Chline kunterbunt isch wie im bolivianische Altiplano mit sine farbige Trachte und sine vielne indigene Sproche. Alli träge ihre Rucksack mit, mag er no so schwer und gross si, me chanen uspacke.

Aber wie sind für mi Heimat und Identität z Oltinge entstande?

Es si die ganz chline Ding vom Alltag, wo s usmöche. Die Momänt, wo für uns und unsi Chind immer bedütender worde si: Ritual an dr Schuel (Zirkus), Aläss wie Eierläset, Maibaum-Singe oder Banntag, Brüüch, wo längscht nüm in allne Gmeinde kultiviert wärde – Z Oltinge wärde si gläbt – authentisch, früsch, mängisch konservativ, aber ebe oft au erneueret und neu interpretiert. Und das in allne Facette.

 

Wie cha das gläbt und pflägt wärde?

D Antwort isch simpel, aber nid sälbstverständlich: Oltinge besticht durch sis aktive Vereinsläbe und dodrdur, dass sich vieli freiwillig fürs Gmeinwohl düend isetze – in Verein, in Gnosseschafte oder auch in irgendere nid definierte Form wie s neu entstandene Garteprojekt im Bötschenacker.

Oder wer kennt dr offeni Chleiderschrank nid, wo me Chleider cha bringe und hole – e Begegnisort in der Obere Mühli. Oder als eis vo de jüngschte Projäkt sig d Gnossenschaft vom KONSI Oltige z erwähne, wo unsem Dorflade e neus Läbe ighuucht het. Es isch witerhin möglich im Dorf izchaufe und es wird Wärt uf lokali Produkt gleit – so Möglichkeite erlichtere s Acho imne Dorf enorm. Für Lüt, wo neu do ane chöme und au für Altigsässeni bedütet e Dorflade meh als e Ichaufsmöglichkeit. Es isch e Ort, wo me Lüt trifft, e Träffpunkt. Das schafft Gmeinsinn. Und es isch nid sälbverständlich, dass es funktioniert und es isch nid eifach geh, dass sich Lüüt oft freiwillig und ehreamtlich düend mit Härzbluet isetze.

Natürlig gönd au die grosse Theme vo unsrer Ziit nid spurlos an uns vrbi. Het d Pandemie unses Dorf veränderet? Sie het uns sicher gforderet und duets au witerhin. Sie het au s Vereinsläbe erschwert. Vieli händ gmerkt, dass es au ganz schön cha si ohni Verpflichtige am Zischtigobe.

Aber s het uns au zeigt, wie wichtig dr Gmeinsinn würklig isch. Wie wichtig Isatzbereitschaft, Solidarität, Verbundeheit, Verständnis und Zämmehalt si und wie wichtig es isch gmeinsam drzu Sorg z träge.

Dass Verein am Läbe blibe, setzt vorus, dass es gnüegend Leiterinne und Leiter git, wo bereit si, sich z «binde» und Verantwortig z überneh. Das isch kei Selbstverständlichkeit aber e Vorussetzig, dass Verein überhaupt am Läbe blibe und Traditione witerbestoh chönne.

D Erfahrige vo de Pandemiejoor hei uns veränderet. Es het au in Oltingen «Strit» geh um d Frog, was dr richtig Umgang isch mit dere Situation. Das gehört drzue. Heimat und Identität heisse nid, dass alli glich dänke. Es heisst, friedlich und tolerant mit unterschiedliche Meinige und Haltige läbe z chönne. D Pandemie het uns zitewis uf uns sälber zruggworfe. Das isch für vieli schmärzhaft und für gwüssi au existenzbedrohend gsi. Die Momente vom Innehalte hei aber au s Bewusstsi drfür gschärft, wie un-nachhaltig unsere Läbensstil isch.

Dr Oltiger Himmel isch plötzlich blau gsi, über Daage hei die viele wisse Kondänsstreife vo de Flugzüg gfehlt, wo in Züri grad nid hei chönne starte und lande. Und es isch erstunlich gsi wie viel Familie mit Ruckseck unterwägs gsi si, wo s Oberbaselbiet entdeckt hei, statt für ihri Freiziit witi Streckene mit em Flugzüg oder mit em Auti z fahre.

Bewahre mer die Erläbnis. Trägemer Sorg zu unserem Lebensrum. Es isch es Privileg, dass mir en hei und dass mir uns do döfe bewege.

Es isch e Privileg döfe z Oltinge wohne. Es isch e Privileg, in dr Schwiiz z wohne, im ne Land, wo die diräkti Demokratie gläbt wird, wo vieles guet funktioniert und wo d Läbesqualität hoch isch. Wie dütlich wird dä Satz, wenn mir unsere Blick erwitere. Eigentlig wüssemer, dass unse Wohlstand, unse Läbesstil global verflochte isch. Und eigentlich wüsse mer au, dass unse Läbesstil z vil Ressource verbrucht und drum nid nochhaltig isch. Die bitz ermutigendi Nochricht isch aber: Die divärse Krise, in dene mir uns aktuell befinde, lönd sich au gmeinsam löse. Wenn mir uns vo dr Abhängigkeit vo fossilen Energien löse, so setze mir die nötige Weiche für d Bekämpfig vo dr Klimakrise und verringere glichzitig unsi Abhängigkeite vo machtbsässene Autokrate

Dr Usstieg usem Öl und em Gas isch die politisch Ufgob vo unsrer Generation – die Ufgob zlöse fot im Chline a – do bi uns im Dorf. Z Oltige laufe bereits hüt nume no 18% vo de Heizige mit Öl – immer no rund e Fünftel und dä Ateil gilts rasch zverchlinere – aber immerhin, im kantonswite Schnitt simer sehr wit obe; im Oberbaselbiet sogar an dr Spitze vo dene Dörfer, wo hüt am wenigschte Gas und Heizöl verbruche.

Es cha nid si, dass mir dr Chrieg in dr Ukraine nur als es Problem vom Benzinpris und vo dr Gasversorgung wohrnähme. Russlands Agriff zeigt, dass au Freiheit und Demokratie nid eifach sälbverständlich sind. Au do simer gforderet, do isch unse Gemeinsinn und unsere Mut zu Offeheit und zu Vielfalt gfrogt. Es isch es Privileg, in dr Schweiz zwohne – und mir si ufgfordert, das Privileg au mit de Gflüchtete us aller Wält z teile. Und mir sind ufgforderet, das z verteidige. Nicht mit Abschottig und Überheblichkeit. Sondern mit Muet, Selbstbewusstsi und me Bekenntnis zu Vielfalt und Offeheit. Mitem Oltinger Rezäpt für Heimat also: Mit dr Fähigkeit, gegenüber em Neue offen zsi. Mit dr Fähigkeit, d Traditione z pflege und sie neu z interpretiere. Mitem Wille, au Strit und Konflikt friedlich uszträge. Mit dr Kreativität, usem Vorhandene Neus z schöpfe. So wird s uns nid nume glinge, uns vo Öl und Gas z verabschiede – es wird uns auch drbi hälfe, zum ne nochhaltigere Lebensstil z finde, in däm d Sorg zur Umwält, zum eigene Läbesrum und zur eigene Heimat nid eifach leeri Floskle si. Sigemer in unsne Ziel und Ambitionen nid z bescheide.

Es ist ein Privileg, do dörfe z si und mitzgschtalte – in Oltinge, däm schöne Dorf im Oberbaselbiet, als Teil vo dr Schwiz, mitte in Europa, inere Wält, womer mit allne teile.

I däm Sinn stossemer au, uf eus, uf dr Gmeinsinn, uf Toleranz und uf d Solidarität.

VIVA, Santé, Gsundheit!

Florence Brenzikofer, 31. Juli 2022