Was wir tun können, damit mehr Kinder geboren werden
Wollen wir den Geburtenrückgang bekämpfen, braucht es bessere Angebote für Familien. Und da der Bund nicht handelt, muss es das Volk in die Hand nehmen.
Schweizer Paare bekommen immer weniger Kinder. Die Geburtenrate sinkt in der Schweiz auf ein historisches Tief. Forscherinnen und Forscher sind besorgt und der Meinung, dass diese Tendenz die Schweiz vor große demografische Probleme stellen wird. Was sind die Gründe, und was kann die Schweiz gegen den starken Geburtenrückgang tun?
Es ist bekannt, dass der Wiedereinstieg der Mütter ins Berufsleben nach der Geburt eines Kindes im Vergleich zu anderen Ländern Europas in der Schweiz deutlich schwerer ist. Elternzeit, Kita-Plätze, Tagesschule: Die Angebote, um eine echte Vereinbarung von Berufs- und Elternleben zu ermöglichen, sind ungenügend oder schlichtweg nicht vorhanden. Es mangelt an Kita-Angeboten, in manchen Regionen ganz besonders. Und die Kosten, die die Familien tragen müssen, haben eine abschreckende Wirkung. Mit 130 Franken pro Tag ist die Schweiz im weltweiten Vergleich Spitzenreiterin. Die hohen Kosten zwingen viele Familien zu einer Milchbüechli-Rechnung und der Frage, ob sich ein Wiedereinstieg der Frau ins Arbeitsleben finanziell überhaupt lohnt.
Diese schlechte Ausgangslage hat auch einen Effekt auf die Geburtenrate. Hinzu kommt, dass vielerorts ein Ganztagesschulsystem fehlt. Der Bund weigert sich, die nötigen Ziele zu verfolgen und umzusetzen. Er schiebt die Verantwortung gerne auf die Kantone ab. Der Bund steht aber in der Pflicht, etwas gegen die sinkende Geburtenrate zu tun. Ein vielversprechender Lösungsansatz, der bisher ignoriert wurde, ist die Elternzeit. Sie ist ein zentrales Mittel für den beruflichen Wiedereinstieg.
Was kann die Schweiz tun, um bei jungen Menschen wieder die Lust auf Familie zu wecken? Es braucht eine nationale Volksinitiative, lanciert von einer breit abgestützten überparteilichen Allianz. Denn eine paritätische Elternzeit entfaltet langfristig eine positive Wirkung. Gleichstellung geht einher mit einer gleichmäßigen Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zwischen den Elternteilen. Eine paritätische Elternzeit erlaubt den Vätern eine frühe Beteiligung an der Betreuung und hilft, eine starke emotionale Bindung zu den Kindern aufzubauen. Studien zeigen, dass Väter, die von der Elternzeit profitieren, langfristig stärker in die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder involviert sind.
Andere Länder in Europa machen es uns vor: Für eine echte Chancengerechtigkeit braucht es gute und zugängliche Betreuungsstrukturen sowie griffige Programme zur Stärkung der Frauen in Führungspositionen, speziell in traditionell männlich dominierten Berufsfeldern. Dass diese Möglichkeiten in der Schweiz fehlen, schafft Hürden für Elternteile mit Betreuungsaufgaben. Und es erschwert den Frauen, im Beruf zu bleiben und innerhalb einer Organisation aufzusteigen.
Die Gleichstellungsmassnahmen sind nicht nur aus einer Gerechtigkeitsperspektive entscheidend, sondern sie sind auch aus wirtschaftlicher Sicht dringend gefragt. Denn die höhere Beteiligung von Frauen in der Arbeitswelt trägt langfristig dazu bei, den Bedarf an Arbeits- und Fachkräften zu sichern und die demografische Struktur zu stabilisieren. Schaffen wir mit der paritätischen Elternzeit eine Familienperspektive, die allen zugutekommt und ganz nebenbei einen positiven Effekt auf die Geburtenrate hat.