Der UN-Ausschuss gegen Folter, UN Ausschuss für die Rechte des Kindes und der UN-Auschluss für die Eliminierung der Diskrimination gegen Frauen haben die Schweiz aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Kinder mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung keine unnötigen medizinischen oder chirurgischen Behandlungen unterzogen werden und die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen geschützt wird.
In seiner Antwort auf eine frühere Interpellation (17.4183) erachtete der Bundesrat die bestehenden strafrechtlichen Bestimmungen für Behandlungen, die auf eine Veränderung der Geschlechtsmerkmale abzielen, als ausreichend, insbesondere in Bezug auf die Einwilligung ohne jedoch die Art und Weise, der rechtlichen Wirksamkeit, näher zu erläutern.
Die Rechtsgültigkeit der Einwilligung ist jedoch von zentraler Bedeutung. Denn die Frage, ob die Eltern einer Behandlung zur Veränderung der Geschlechtsmerkmale rechtsgültig einwilligen können, ist ein Kriterium um festzustellen, ob die Behandlung nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuchs strafbar sein könnte. Ein bedeutender Teil der Fachliteratur vertritt insbesondere im Hinblick auf die Oviedo-Konvention (Art. 6 Abs. 1) die Auffassung, dass die Einwilligung der Eltern die Rechtswidrigkeit eines Eingriffes ohne medizinische Notwendigkeit nicht beseitigen kann. Somit kämen die Bestimmungen des Strafgesetzes über die körperliche Unversehrtheit zur Anwendung, unabhängig davon, ob die Eltern ihre Einwilligung gegeben haben.
Dieser Ansatz wird jedoch von der Verwaltung nicht bestätigt, so dass es für Menschen mit Abweichungen in der sexuellen Entwicklung äußerst schwierig ist, ihre Rechte geltend zu machen. Es braucht dass das geltende Strafrecht bereits Behandlungen zur Veränderung der Geschlechtsmerkmale unter Strafe stellt, die ohne unmittelbare medizinische Notwendigkeit an Minderjährigen durchgeführt werden, auch im Falle der Zustimmung der Eltern .
Nicht alle Behandlungen und Operationen, die bei Menschen mit Abweichungen in der sexuellen Entwicklung durchgeführt werden (z.B. Vagionplastiken, Operationen am Penis, auch bei Hypospaden, in utero Dexamethason-Behandlungen, Hormonbehandlungen, etc.) werden durchgeführt, um den Körper und dessen Entwicklung der betroffenen Kinder an das ihnen zugewiesene Geschlecht anzupassen. Die Behandlungen müssen spezifiziert werden, für welche die elterliche Zustimmung nicht ausreicht.

In diesem Zusammenhang stellen die Interpellanten folgende Fragen:

1. Ist der Bundesrat der Auffassung, dass Eltern in eine Behandlung zur Veränderung der Geschlechtsmerkmale ihres urteilsunfähigen Kindes rechtsgültig einwilligen können?
2. Ist diese Einwilligung rechtlich gültig, auch wenn die Behandlung nicht unmittelbar medizinisch notwendig ist?
3. Stimmt der Bundesrat zu, dass eine solche Einwilligung der Eltern für eine solche Behandlung nach der Oviedo-Konvention, welche die Schweiz im Jahr 2008 ratifiziert hat, nicht rechtsgültig ist?
4. Für welche Behandlungen wird trotz Einwilligung der Eltern die Unversehrtheit des Kindes verletzt?
5. Wie definiert der Bundesrat den Begriff der «unmittelbaren medizinischen Notwendigkeit»?
6. In welchen Fällen hält der Bundesrat eine medizinische Behandlung zur Veränderung der Geschlechtsmerkmale eines minderjährigen urteilsunfähigen Kindes für durch eine unmittelbare medizinische Notwendigkeit gerechtfertigt?